What Sascha Lobo wants you to believe
Eisenhowers Vortrag zur Trollforschung auf der diesjährigen re:publica (Video, man vergleiche auch hier und hier) begann mit schleppender Publikumsbeschimpfung, wurde dann aber doch recht schnell pöbelnd-informativ. So sollte etwa die Praxislektion zum sog. Cordkanal-Inzident aufzeigen, wie sich kritische Internetplattformen durch gezielt-klandestines Sponsoring zurücktrollen lassen. Was wirklich passiert ist, beschreibt folgendes Diagramm.

Panel zu Webstandards auf der re:publica 2011
„Quo vadis, Web?“ – Wie werden relevante Standards entwickelt, wie sollten sie entwickelt werden und welche Verantwortung hat man als Software-Entwickler? Diese Fragen werde ich auf der diesjährigen re:publica mit Peter Kröner, Max Winde und Regine Heidorn diskutieren.
Da ich als Internet-Experte freien Eintritt erhalte, möchte ich nun mein Ticket (Blogger, early bird, 55 Nazigold) zeitnah verkaufen; Anfragen in den Kommentaren oder per Email (du solltest hier klicken), ernstgemeinte Zuschriften bevorzugt.
Verkauft.
Postjournalismus – Warum Guttenberg kein Pirat und Khuê Pham keine gute Journalistin ist
Kaum ist der Lügenbaron abserviert, wagen sich auch außerhalb Facebooks jene hervor, die in der Affäre Guttenberg ihr simples Weltbild bestätigt sehen – oder auch einfach nur steile Thesen in den Raum stellen wollen. So behauptet etwa Khuê Pham unter der Überschrift Er war ein Pirat, Karl-Theodor zu Guttenberg sei seinen Jägern
nicht unähnlich; copy and paste als moderne Kulturpraxis
von Netzaktivisten
lasse die Einordnung der zusammengeklaubten Dissertation als mash-up zu. Insofern – so die Autorin – sei er für die Netzgemeinde
ein Bruder im Geiste
, die Motivation der Jäger bleibe unverständlich.
Bereits auf den ersten Blick fällt der dürftige Stil des Artikels auf: Garniert mit einer Boulevardfrage (Hört jetzt der Streit zwischen Internetaktivisten und netzskeptischen Politikern auf?
) betont die Autorin das Vorkommen von Kampfbegriffen
(etwa: Zensursula) in netzpolitischen Debatten – um dann noch im selben Absatz die unpräzise Phrase des geistigen Eigentums
zu bemühen. Ganz nach der Linie von Copyright-Extremisten vermischt sie so unter Anderem Urheberrecht, den Wunsch nach Namensnennung und Kriterien wissenschaftlichen Arbeitens.
Keine Frage: Guttenberg hat mit seinem extensiven Plagiat alle drei Bereiche berührt; der vermeintliche Widerspruch bleibt dennoch arg konstruiert. Zwar zitiert die Autorin – korrekt – Markus Beckedahl, der in puncto Urheberrecht doppelte Standards bei der Union sieht, verkennt dann aber die Unterscheidung zu Positionen freier Kultur: Forderungen nach ungehinderter Anwendung und Möglichkeit zu Kopie, Veränderung oder Verbesserung implizieren keine Ablehnung der Nennung von Urheber oder Rechteinhaber.
Um dies festzustellen, bedarf es sicher keiner Ausbildung an einer renommierten Journalistenschule – schon eine flüchtige Beschäftigung mit tatsächlicher Remix-Praxis hätte gereicht: So setzen sämtliche Creative-Commons-Lizenzen eine Namensnennung voraus; Bestandteile der Werke von Sampling-Künstler Girl Talk sind dieser Ethik entsprechend interaktiv aufgelistet. Auch die thematisch verwandten Debian-Richtlinien für Freie Software und die davon abgeleitete Open Source Definition lassen Maßnahmen zum Schutz der Integrität eines Werkes durchaus zu; selbst viele minimalistische Software-Lizenzen fordern als einzige Bedingung für die Weiterverarbeitung eine Beibehaltung der Autorennennung.
Doch nicht erst die semantische Vermengung von Kopie und Bearbeitung macht den Artikel wirr – nebenbei behauptet die Autorin noch, das Netz, ja Zugang zu Google
, mache Abschreiben verführerisch einfach
, konstruiert so eine Verlagerung der Schuld weg von Guttenberg, hin zum (bösen) Internet. Sollte sich Khuê Pham auch in Zukunft weder um Fakten, noch um Kohärenz bemühen, täte die Zeitungsgemeinde gut daran, sich den Namen der Autorin zu merken – damit Printaktivisten ihre Artikel mit der modernen Kulturpraxis des drag and drop gleich zu den Erzeugnissen von Frank Patalong und Ben Schwan in den Mülleimer befördern können.
Hinweis auf einen möglichen Interessenkonflikt: Ich habe für das GuttenPlag-Projekt zwei Programme geschrieben. Eines (Guttenviz) stellt die identifizierten Fragmente in Karl-Theodor zu Guttenbergs Arbeit als interaktiven Barcode dar, das andere (Guttencat) gibt aus, wie viele Fragmente und Zeilen welcher Plagiatskategorie angehören. Die ermittelten Zahlen flossen in den zweiten Zwischenbericht von GuttenPlag ein.
Ich habe mich auf der re:publica 2011 mit Khuê Pham über den in diesem Beitrag kritisierten Artikel unterhalten. Dass sie mit der Formulierung vom geistigen Eigentum
die Rhetorik der – eigentlich kritisierten – Union übernahm, war ihr offenbar nicht bewusst. Auch die reißerische Überschrift ([…] war ein Pirat
) hielt sie im Nachhinein für einen Fehler, an dem sich Kommentatoren unnötigerweise festbissen.
Ingesamt stellte sie sich meiner Kritik freundlich und unaufgeregt – schon dies halte ich für einen guten Grund, mein höhnisches Fazit („schlechte Journalistin“) zurückzunehmen. Insofern: Dieser Artikel sollte nicht so heiß gegessen werden, wie er gekocht wurde.
Mal wieder schrott: Western Digital Scorpio Blue 500GB
Vor dreieinhalb Jahren hat mein Vater mir für ca. 600 Euro den Dell Inspiron 6400 gekauft. Dieser war im Sommer schon Schrott, weil irgendwie Bratensoße in die Tastatur gekommen ist. Fand ich schon wunderlich, weil ich nur in Esstischnähe war. Kostete mich dann 70 Euro Reperatur, weil Dell dafür keine Garantie übernehmen wollte. Vorgestern dann der nächste Schaden: Die Festplatte ist kaputt. Einfach so. Ohne Festplatte ist der Laptop aber weitgehend wertlos. Mal schauen, was EP sagt und ob diesmal die Garantie wenigstens zieht. Ich ärgere mich nur, dass ich soviel für einen Laptop ausgegeben habe, der innerhalb eines Jahres zum zweiten dritten Mal kaputt ist. Und mich jetzt wieder mit der Neuinstallation rumärgern durfte. Dennoch war ich nochmal bereit, Geld dafür auszugeben.
Als Ersatz habe ich mir nämlich ein Festkörperlaufwerk gekauft — in der Hoffnung, hier ein insbesondere gegen Stoßschäden resistentes Bauteil herangeschafft zu haben. Großartig von den Standardeinstellungen des Debian-Installers abgewichen bin ich nicht: Außer /boot sind alle (ext4-)Partitionen in einem verschlüsselten LVM mit mount-Option noatime (die zur Leistungssteigerung ohnehin zu empfehlen ist); Firefox Iceweasel habe ich außerdem abgewöhnt, zwischengespeicherte Inhalte ins Dateisystem zu schreiben.
ZL;NG: Der Geschwindigkeitsvorteil macht sich deutlich bemerkbar: Brauchte mein Laptop vorher etwa eine Minute vom Anschalten bis zum Desktop, schafft er dies nun ohne große Optimierungen in (geschätzt) 20 Sekunden — selbst Programmungetüme wie Gimp oder OpenOffice.org zeigen die Ladefenster nur noch für Momente; zudem funktioniert es lautlos. Sollte das Ding also nicht in nächster Zeit den Geist aufgeben, kann ich es nur empfehlen.
Linkschleuder (16)
Denken
- Überlegungen zu Militär und Dekadenz von Kathrin Passig (via)
- Interview mit Michel Houellebecq in The Paris Review (danke, zeitrafferin)
- Die dritte Bedrohung Israels — zu Israels Umgang mit zivilem Engagement (danke, fotografiona)
- A re-evaluation of Gill Sans — Kritik der u. A. im BBC-Logo genutzten Schrift (via)
Nutzen
- YouTube Video Download — elegantes Greasemonkey-Skript (unterstützt WebM)
- WCAG Contrast checker — Firefox-Erweiterung, die Kontrastfehler auf Webseiten aufzeigt
- Web Wanking Workshop — Reduktion der Dateigröße von PNG-Bildern durch dithering
- Stacked Graphs – Geometry & Aesthetics — neue Darstellungsform für Flächendiagramme (via)
Lachen
- Wikileaks v Bill O’Reilly – the War on Journalism — Comedy-Rap mit Julian Assange (thx, dridde)
- Deutschland aus Berliner Sicht (danke, plomlompom)
- Rejection Therapy — Spiel, das das Akzeptieren von Zurückweisung erleichtern soll (via, via)
- Altar des Alltags — Pantheon der riesenmaschinistischen Götterwelt
- Blinkenworld — Weltkarte mit Positionen der poster auf Krautchans /int/ (GitHub)
Lesen
- Fine Structure — comicartige Fragmente über unzuverlässige Physik (via; Erklärung des Autors)
- Three Worlds Collide — rationalistische science fiction mit Aliens, die ihre Kinder essen (via)
- The Minister (Teil 1, Teil 2, Teil 3) — klerikaler Zombie-Horror im zeitgenössischem Großbritannien
Hören
- The Final Teen Spirit (Nirvana VS Europe) (via; danke, dridde)
- Porzellan — Frittenbude erzählen von einer blütenweißen Zukunft
- Home — Poprock-Hintergrundmusik des Browserspiels Space Cannon 3D
Links korrigiert.
Toten Link auf Colour Contrast Analyser durch lebendigen auf ähnliche Firefox-Erweiterung ersetzt.