Fotomosaik: „Gib deiner Stimme ein Gesicht“
Auf der Seite der Aktion Gib deiner Stimme ein Gesicht können Unterzeichner der Anti-Zensurzula-Petition ihr Bild hochladen, um damit — so Christian Bahls von MOGIS — zu demonstrieren, wie verschieden die Menschen sind
, die den Aufbau einer Internet-Zensur-Infrastruktur für gefährlich halten. Das Ergebnis wird auf dann dort angezeigt, hunderte von Gegnern der angedachten Netzsperren zeigen also wortwörtlich Gesicht.
Indes, aus der Präsentation der Bilder könnte man doch etwas mehr machen: Etwa ein Fotomosaik, also ein großes Bild zusammengesetzt aus Einzelbildern, hier den Gesichtern der Unterzeichner. Beim Herunterladen der betreffenden Bilder müssen jedoch zwei Probleme überwunden werden: Erstens liefert der Webserver an wget nicht die echten Bilder aus, weswegen ein anderer User Agent (hier: Mozilla/5.0
) vorgetäuscht werden muss. Zweitens sind auf der entsprechenden Seite nie alle Mitzeichner gleichzeitig zu sehen, sondern eine Zufallsauswahl von 77; dies macht einen wiederholten Downloadprozess nötig. Folgender Z-Shell-Code holt also die Bilder: while (( i++ < 15)) { wget --mirror --no-parent --user-agent="User-Agent: Mozilla/5.0" http://gib-deiner-stimme-ein-gesicht.de/photos }
.
Das zur Erstellung des Mosaiks genutzte Programm heißt metapixel und besteht aus zwei Komponenten: metapixel-prepare wird genutzt, um die zur Verfügung stehenden Bilder auf eine einheitliche Größe zu skalieren (hier eigentlich unnötig) und eine Bibliothek mit Farbinformationen zu erstellen. Ist dies einmal geschehen, kann nun metapixel verwendet werden, um ein Mosaik zu produzieren — eine kurze Anleitung findet sich im Ubuntuusers-Wiki. Mit den Optionen --width=25 --height=25 --search=global --scale=1.8
und einem wohlbekannten Quellbild kann sich das Ergebnis sehen lassen — ob wohl jemand noch eine bessere Idee für ein Motiv hat ?
Christian Bahls hat mich heute morgen angerufen und mir unter Anderem erklärt, dass das mit der Verwendung dieser Bilder moralisch und rechtlich fragwürdig ist. Ich habe das erstellte Fotomosaik daher erstmal aus dem Artikel entfernt. Mehr dann heute Abend; ich muss jetzt in die Uni.
Zur Klarstellung: Das Fotomosaik habe ich gelöscht, weil die darauf Abgebildeten kein Einverständnis zur Weiterverwendung ihrer Bilder erteilten. Wie das rechtlich aussieht, ist mir egal, aber es ist ganz einfach nicht nett. Und auch wenn ich glaube, dass Satire alles darf — auch die eigene Partei ins Lächerliche ziehen —, will ich kein böses Blut erzeugen.
Ich wurde auch gebeten, die Anleitung zum Herunterladen der Bilder zu löschen, um es Skript-Kiddies nicht zu einfach zu machen
. Ich habe mich allerdings aus den folgenden Gründen dagegen entschieden:
- Ich denke nicht, dass die Beschreibung einer Tat der Aufforderung, diese durchzuführen, gleichkommt. Das ist übrigens genau die Fehlkonzeption, die zum Verbot von Hackertools und Bombenbauanleitungen führte.
- Ich sehe die Nachahmungsgefahr als gering an; das letzte von mir veröffentlichte Skript hat niemand (in Zahlen: 0) ausgeführt. Außerdem nutzen Skript-Kiddies wohl kaum die Z-Shell.
- An Full Disclosure führt kein Weg vorbei, selbst wenn in Einzelfällen sehr überzeugende Argumente dagegen existieren: Bruce Schneier erklärt das genauer.
- Das Problem hier lässt sich zwar nicht auf technischer Ebene beheben. Aber es ist wichtig, dass Nutzer sich über die Risiken im klaren sind, die entstehen, wenn sie Daten öffentlich ins Netz stellen. Und zwar selbst dann, wenn es dazu führt, dass weniger Leute ihre Bilder auf der erwähnten Seite hochladen. Es ist leichtsinnig, andere in falscher Sicherheit zu wiegen.
Um es nochmal ganz deutlich zu sagen: Wenn ihr ein Fotomosaik bauen wollt, nehmt lieber CC-lizensierte Bilder von Flickr. Am besten von Blumen oder so.
08. Juni 2009 von erlehmann
Kategorien: Bastelei, Netzkultur, Originärer Inhalt, Software |
Schlagwörter: fotomosaik, internet, ironie, metapixel, pedobear, zensur, zsh |
4 Kommentare
Hi,
als einer der Mitzeichner der Petition und Uploader seines Bildes möchte ich gern ein paar Worte zu Dieser Seite sagen.
1. Als ich am Montag diese Seite zufällig entdeckte, befand sich hier ein Fotomosaik aus den Fotos, die bei “Gib Deiner Stimme ein Gesicht” hochgeladen wurden. Mittlerweile ist das jedoch gelöscht.
Du schreibst dazu: “Wie das rechtlich aussieht, ist mir egal”.
Oops, schade. Du haftest nämlich definitiv für die nicht erlaubte Verwendung der Fotos.
2. Weiter schreibst Du: “Und auch wenn ich glaube, dass Satire alles darf”
Schon wieder ein Fehler. Satire darf beileibe nicht alles. Es gibt ganz klare, rechtliche Grenzen. Insbesondere, wenn Du ohne Erlaubnis Fotos von Privatpersonen verwendest – selbst, wenn Du diese im Internet findest (das ist ein großer Unterschied zur Verwendung von Fotos von Personen aus dem sogenannten “öffentlichen Leben”).
Ich bin mir nicht sicher, aber glaubst Du wirklich, im Internet wäre alles erlaubt??
3. Offensichtlich hat Dich bereits jemand gebeten, die Anleitung zum Herunterladen der Bilder von Deiner Seite zu entfernen. Diese Anleitung an sich ist zumindest zweifelhaft. Rechtlich könnte man möglicherweise darin eine Aufforderung zu einem Rechtsverstoß sehen…
4. Aber selbst wenn nicht, Deine Begründung, warum Du – geradezu trotzig – darauf bestehst, dass Deine Anleitung hier stehen bleiben muss, ist wirklich lächerlich. Offensichtlich verstehst Du nicht, worum es geht: Seiten wie Deine sind es, warum die Internetsperren schließlich auch auf andere Inhalte erweitert werden. In Zukunft wird es reichen, Deine Seite, die eine Anleitung zum Rechtsverstoß enthält, beim BKA anzuschwärzen – und mit etwas Glück landest Du schneller auf der Zensurliste, als Du einen Blog-Beitrag schreiben kannst.
Genau dagen kämpfen wir, genau solche Zensurmaßnahmen, die ein mögliches Ende des gerade beginnenden Zensur-Prozesses sind, die wollen wir verhindern. Wir kämpfen dafür, dass Deine Seite nicht zensiert wird – was aber nicht bedeutet, dass Rechtsverstöße im Internet erlaubt sind.
Statt Dich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen, versuchst Du mit “Nutzer müssen sich der Risiken klar sein” Aufklärung über die Gefahren der Veröffentlichung persönlicher Daten im Internet zu betreiben. Eine im Ansatz wirklich gute Sache – nur schade, dass Du Dir dafür nicht ein vernünftiges, lohnenswertes Ziel ausgesucht hast – davon gibt es ja mehr als genug, von Facebook bis OpenID – statt ausgerechnet eine noch in den Kinderschuhen steckende Protestbewegung von Internetnutzern anzugreifen.
Schade um Deine Stimme, die hätten wir nämlich gut in unserem Kampf gebrauchen können!
Hmm, vielleicht sollte ich das umformulieren: Freilich kann einem in einem Land, in dem es Abmahnungen für Wurstbilder (Marions Kochbuch) und Hausdurchsuchungen für Domain-Weiterleitungen (Wikileaks) gibt, nicht alles rechtliche egal sein. es war eben nur nicht der ausschlaggebende Grund für die Entfernung des Bildes.
Zur Satire: Ich glaube, in der Kunst ist alles erlaubt. Und zwar nicht rechtlich, sondern moralisch.
Ich habe beschrieben, was ich getan habe. An keiner Stelle rufe ich zur Nachahmung auf, im Gegenteil. Ganz drastisch: Ist denn jeder “Tatort” Aufforderung zu Mord und Totschlag ?
Außerdem: Ich soll mein erworbenes Wissen zensieren, um der Zensur zu entgehen ? Nein, den Gefallen tue ich der Gesellschaft erst, wenn mich ein ordentliches Gericht dazu verurteilt. Und ich rechne nicht damit, dass das alsbald passieren wird.
Du hast das Bild nicht aus rechtlichen sondern aus freundlichen Gründen entfernt. Hab ich verstanden. Vielen Dank.
Mein Punkt war aber ein anderer: Aussagen wie “wie das rechtlich aussieht, ist mir egal” sind die perfekten Argumente für die Politiker, warum sie dringend staatlich geregelte Zensur in dem scheinbar “rechtsfreien Internet” einführen müssen.
Zu Deinem Punkt betreffens der Kunst: Darüber kann man sicherlich lange und philosophisch diskutieren. Meiner Ansicht nach ist Kunst keineswegs ein Ort an dem es keinerlei Regeln und Grenzen gibt, an dem moralisch alles erlaubt ist. Das wäre schön einfach, man könnte ja jeden Verstoß gegen moralische, ethische oder Gesellschaftliche Regeln einfach zur Kunst ernennen – und schon sind sie erlaubt?
Auch Kunst muss sich letztlich den Regeln menschlichen Zusammenlebens beugen. Die Würde und die Persönlichkeitsrechte eines Menschen sind die Grundlage eines jeden Zusammenlebens. Durch künstlerische Aktivitäten kann man Grenzen in Frage stellen – aber es gibt einen feinen Grad, den selbst die Kunst nicht moralisch ungestraft überschreiten kann. Wo der jeweils liegt, darum wird stetig gerungen. Neben anderem ist dies sicher eine der großen Leistungen der Kunst.
Nun Frage ich mich allerdings, was wohl an dem computergenerierten Mosaik Kunst ist? Die einzige Kunst, die ich da entdecken kann, steckt in der Programmierung der Software, welches die Bilder zusammenfügt. Das Mosaik selbst ist weder eine Satire, noch künstlerisch wertvoll. Nichts als ein langweiliges Retortenprodukt einer Software.
Du hast beschrieben, was Du getan hast. Hm, würde es Dir gefallen, wenn ich beschreiben würde, wie man zu Dir nach Hause findet, mit welchem Trick man Deine Wohnungstür öffnet und wie man dann etwas aus Deiner Wohnung herausnimmt? Natürlich mit dem deutlichen Hinweis, dass das bitte niemand machen soll! Schließlich möchte ich ja niemanden zu einer Straftat auffordern.
Genau das aber ist es, was Du hier oben auf dieser Seite machst.
Und Außerdem: Du sollst Dein erworbenes Wissen zensieren? Welches Wissen? Das Wissen, wie man Menschen schadet, indem man Ihre Daten gegen ihren Willen ausspäht? So, wie Du Dein Wissen einbringst, schadest Du einfach nur den Persönlichkeitsrechten anderer.
Wissen bedeutet Verantwortung!
Es geht darum, dass Du die Persönlichkeitsrechte anderer achtest – was Du von anderen mit Sicherheit auch erwartest – und dass Du Dein Wissen nutzbringend einsetzt.
Wenn Du Dein Wissen und Dein Können sinnvoll einsetzen würdest, wärst Du bestimmt ein wertvoller Mitstreiter – so bist Du leider nur ein Werkzeug, dass den Politikern genau die Argumente liefert, die sie brauchen, um zu begründen, warum wir mehr staatliche Regelung im Internet benötigen.
Das finde ich wirklich schade.
Hmm, es ist natürlich keine Kunst, eher Kitsch. Aber
satirischSatire kann Kitsch auch sein, siehe titanic.Sowas wie das Angedachte mit der Wohnung machen z.B. Lockpicker ja schon: Sie zeigen Schwachstellen auf. Ich hätte kein Problem damit, wenn jemand sowas exemplarisch an meiner Wohnungstür aufzeigen würde, vermutlich würde ich die Sicherheit verstärken, soweit mir möglich — Einbrecher wünsche ich mir nämlich nicht.
Ansonsten: Ich bin natürlich auf eurer Seite. Aber das heißt nicht, dass ich mehr Rücksicht nehme, als sonst angemessen wäre.